aus
Topografie Schleswig-Holstein
Breiholz
Breiholz ist weithin bekannt. Jedenfalls bei Steuermännern und Kapitänen.
Jedesmal wenn sie den Nord-Ostsee-Kanal befahren, muss das Passieren der
“Fähre Breiholz” und der “Weiche Breiholz” im Schiffstagebuch festgehalten
werden. Und von Schiffen mit hohen Brückenaufbauten kann man über die
Uferböschung hinweg sogar den Ort selbst in etwa einem Kilometer Entfernung
ausmachen. Die Seeleute wissen natürlich auch, dass sie querab von Breiholz
etwa die Hälfte der Kanal-Passage hinter sich gebracht haben.
Seit der Eröffnung am 21. Juni 1895 durch Kaiser Wilhelm II. verhindert der
Kanal den direkten Zugang zu den Breiholzer Ortsteilen Claustal und
Meckelmoor. Etwa ein Viertel der Gemeindefläche liegt südlich des
Schiffahrtsweges und ist nur per Fähre zu erreichen.
Richtig unglücklich waren die Breiholzer über diese Teilung jedoch nie. Aus
zwei Gründen, denn der Kanal machte Breiholz zum einen sozusagen zur
“Inselhauptstadt”, da der Ort im Süden durch den Kanal und im Norden durch
die Eider begrenzt wird, und zum anderen weil der Kanal-Neubau positive
wirtschaftliche Auswirkungen, z.B. neue Arbeitsplätze, hatte. “Der Kanal ist
unsere Lebensader”, sagen die Breiholzer, und vor dessen Bau galt diese
Feststellung uneingeschränkt auch für die Eider.
Die Geschichte des Orts ist neben der Landwirtschaft untrennbar auch mit der
Schiffahrt verbunden. Lange vor dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals gab es für
die damalige Zeit schon leistungsfähige Fluß-, Auen- und
Kanal-Schiffahrtswege nach Rendsburg und auch weiter zur Nord- und Ostsee.
Dies war eine zwingende Voraussetzung, um überhaupt landwirtschaftliche
Erzeugnisse absetzen zu können, da Breiholz inmitten von Flach- und
Hochmoorgebieten liegt, und, man glaubt es kaum, über den Landweg lange
Jahre nur in trockenen Sommern zu erreichen war.
Mittlerweile ist die Straßen-Verkehrsanbindung jedoch auch exzellent. So
verbindet die “Strasse der Traumschiffe” den Ort mit Rendsburg und führt
über zehn Kilometer weit direkt am nördlichen Kanalufer lang. Entspanntes
fahren ohne Ampel bis in die Kreisstadt und eine phantastische Sicht auf
passierende Schiffe inklusive.
Ausgehend von den siebziger Jahren setzte langsam, aber durchaus erwünscht,
eine tiefgreifende Strukturveränderung für den kleinen Ort im mittleren
Schleswig-Holstein ein. Wo vormals nur Bauern, Kapitäne und Lotsen wohnten,
fanden jetzt neue Familien den Weg aus den Städten in die “Inselhauptstadt”.
Das Alters- und Pflegeheim “Vor Anker” bietet darüberhinaus Heimstatt für 60
Bewohner in klassischer Architektur mitten im Ortszentrum, wobei der
Betreiber sein maritime Interesse durch die Nachbildung eines
Schiffs-Flaggen-Mastes und die Eingrenzung des Grundstücks mit Kanal-Dalben
nachhaltig belegt.
Die idyllische Lage des Orts zwischen Kanal und Eider brachte in der Folge
schließlich auch wachsenden Tourismus mit, ein Wirtschaftszweig dem
erhebliche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Über 50 Gästebetten und eine
ansprechende Infrastruktur bis hin zu Anlegestegen an der Eider für
Wasser-Touristen und gepflegte Wege für Spaziergänger und Rad-Touristen,
bringen Jahr für Jahr mehr Feriengäste in das langgezogene Strassendorf. Und
daher dürfte sicher sein, dass in der Zukunft nicht nur kanalerfahrene
Steuerleute und Kapitäne wissen, wo die schöne Gemeinde Breiholz liegt.
WOLFGANG HENZE